Wir alle kennen das Fieber, welches kommt, sobald wir etwas ausbrüten. Das Fieber ist auch als Gesundheitspolizei bekannt und hilft uns beim Aus(schwitz)en jeglicher Viren. Genauso kann man die Projektion verstehen. Nur dass es in dem Falle nicht den Körper betrifft, sondern die Psyche. Wir sitzen einen Konflikt aus, indem wir unser Gefühl zum Gefühl der anderen machen. Die anderen sind „schuld“ dass wir uns so fühlen. Insbesondere Narzissten zeigen diese Verhaltensmuster, welche auch als narzisstische Abwehr bekant ist.
Die klassische Projektion liegt dann vor, wenn bestimmte psychische Eigenschaften, wie Aggression, Sexualität, Gier, Neid, Lebendigkeit oder Unordnung in einer Person entwertet sind und daher von ihr nicht toleriert werden können.
Da diese Anteile als schlecht oder böse bewertet sind, findet man sie nicht bei sich und schiebt sie anderen in die Schuhe und dort werden sie dafür überdeutlich als störend wahrgenommen und bekämpft. Zur Projektion eigener Anteile gehört zusätzlich, dass man emotional gereizt auf dieses Thema reagiert und ihm scheinbar überall begegnet.
Bärbel Wardetzki
Schwarz- Weiß denken
Fast jeder persönlichkeitsgestörte Mensch lebt in einer Welt, in der es oft nur schwarz oder weiß gibt und in der Grauzonen (andere mögliche Sichtweisen) eine Rarität sind.
Jeder, der unsere Meinung nicht teilt, wird im Sinne der narzisstischen Abwehr abgelehnt. (Als Kind wurde der Betroffene zumeist für sein „Andersein“ abgewertet, was er nun als Schutz umgekehrt hat). Jeder, der mit uns auf einer Wellenlänge ist, dagegen wird idealisiert. (Wir glauben, jeder der uns bestätigt, mag uns, versteht uns und lässt uns sein). Wir vergessen allerdings immer wieder, dass Niemand perfekt ist, man selber also nicht perfekt sein muss und weder schwarz noch weiß nötig sind, um sich eine Meinung zu bilden. Tränen sind keine Schwäche und Wut ist auch keine Stärke. Das wirkliche Gefühl, welches durch die Abwehr oft verdeckt wird, wird immer mehr zum Manko, was den Selbstwert mindert. Anstatt zum wahren Gefühl zu stehen, projizieren wir unser erlerntes Schema auf andere, was uns in der Folge daran hindert stabile Beziehungen einzugehen und aufrecht zu erhalten. Anstatt uns anzunähern, entfernen wir uns.
Unser eigentliches Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung kompromittieren wir damit selber. „Der andere will uns an sich nichts Böses, der andere hat nur eine eigene Meinung“.
Die reine Projektion ist ein reifer Abwehrmechanismus, die projektive Identifikation tritt vor allem im Rahmen schwerer Persönlichkeits-störungen auf und ist ein unreifer Abwehrmechanismus. Auch hier wird der kognitive Anteil projiziert: „Nicht ich bin aggressiv, sondern die anderen, ich wehre mich nur.“ Der Unterschied liegt darin, dass man den emotionalen Anteil nicht wegbekommt. Im Selbsterleben heißt das, man meint genau zu spüren, was der andere vorhat, wie durchtrieben und hinterlistig er ist, denn das Hauptthema der projektiven Identifikation sind Arten von Aggression und Manipulation. Und wie böse der andere ist, schleppt man ständig mit sich herum, kommt jedoch auch hier nicht auf die Idee, dass es eigene Aggressionen sein könnten, die man sieht: denn man spürt ja genau, was der andere will und meint und denkt, dass man sich nicht hinters Licht führen lässt und die Wahrheit nur etwas klarer sieht, als alle anderen. Die Größenphantasien, die hier durchschimmern, sind typisch für die Ebene der schweren Persönlichkeitsstörungen.
Die meisten Narzissten hatten (und haben oft noch immer) eine belastete oder manchmal auch keine Beziehung zur eigenen Mutter (oder zum Vater). Unbewusst sucht sich der Narzisst Frauen die ihn an seine Mutter erinnern (Die Frau sucht sich gerne Männer, die sie an ihre Mutter oder Vater erinnern.) Die Bestätigung nichts wert zu sein symbolisiert den „Schatten“ den wir nicht abschütteln können. Um sich diesem Leid zu entziehen, wird unser psychisches Immunsystem angeschmissen. Unser Partner nimmt in dem Falle eine Stellvertreterposition ein, auf den wir unsere Wünsche, Bedürfnisse und Sehnsüchte projizieren und gleichzeitig zum Blitzableiter mutiert.
Die eigene Psyche sonnt sich in Unschuld, das entwertete, böse, schlechte Element ist bei jemand anderem geparkt und nie käme man von sich aus auf die Idee, es könne das eigene sein. (Bärbel Wardetzki)
In vielen Internetforen begegnen uns Menschen, die ihre Verachtung auf ihr Selbst, ihren Mangelschmerz und ihren Frust an anderen abreagieren. Ob jetzt in den einschlägig bekannten Narzissmus- Opferdisskusionsforen, Selbsthilfegruppen für Ex- Frauen von Narzissten (die sich im Grunde auch nur einem Menschen emotional verfügbar machten, der sie unbewusst an jemanden erinnerte) oder auf anderen Websiten in denen man in Kommentarfeldern seine Wut ausdrücken kann, spielt dabei keine Rolle. Die Doppelmoral, die sich aufdrängende Ambivalenz und die narzisstische Normopathie, die den Opferkult auf bemitleidenswerte Art und Weise weiter anstachelt, fällt besonders subtil ins Auge. Anstatt sich zu reflektieren, wird um sich geschossen. Anstatt sich zu heilen, steinigen sich manche lieber selbst.
Die Ex- Partnerinnen von Narzissten (oder auch Kinder narzisstischer Mütter) verhalten sich im Umkehrschluss genauso, wie sie es anderen vorwerfen, sich zu verhalten. Die Projektion wird zum Teufelskreis. Jeder Mensch, der „Opfer“ narzisstischer Übertragung wurde, überträgt von Nun an selber. Der Narzissmus entwickelt sich immer mehr zum Massenphänomen, der dem Noro- Virus gleicht. Jeder kackt und kotzt sich aus, ohne Rücksicht auf Verluste. Was raus muss, muss raus, auch wenn es oft das falsche Objekt trifft.
Um aus dieser „Opferhaltung“ raus zukommen, bedarf es schon einem Anstoß von mitfühlenden Menschen, die einem den Anstoß geben, inne zuhalten und über das eigene Verhalten nachzudenken. Vorwürfe sind kontraproduktiv. Verständnis und Mitgefühl ist wichtig. Leider sind diese zu erfüllenden Attribute im Falle der narzisstischen Abwehr nur schwer zu erfüllen. Zum einen werden auch empathische Menschen mit in die schwarz- weiße Welt der Projektion mit hinein gezogen, zum anderen sind die Gefühle im ersten Moment zu extrem, als dass man reflexartig innehalten kann.
Oft kann nur eine Therapie dabei helfen, den Mangelschmerz zu lindern und das Erlebte angemessen aufzuarbeiten. Therapeuten, die sich über ihre eigenen narzisstischen Bedürftigkeiten und Anteile bewusst sind und selbstreflektiert dem Patienten gegenübertreten, eignen sich besonders für eine förderliche und wertschätzende Beziehung mit einem NPS´ler.
Nicht jeder Therapeut kann damit umgehen, weil auch ein Therapeut nur ein Mensch ist, der wie Du oder Ich nur mit Wasser kocht. Es gibt keine Übermenschen, außer man stellt sich selber über andere oder macht sich kleiner als man ist.
Wenn du die Welt verändern möchtest, fange bitte bei dem Menschen an, den Du jeden Morgen als erstes vor dem Spiegel siehst. (Mahatma Gandhi)
Autor: Leonard Anders