Zum allgemeinen Verständnis: Selbstliebe kann nicht krank machen. Niemand leidet wegen zuviel Selbstliebe. Sich selbst zu lieben ist auch nicht narzisstisch im pathologischen Sinne. Leider wird der Narzissmusbegriff oft falsch verwendet. Man spricht vom selbstverliebten Narziss. Jedoch wird eine Sache dabei oft nicht bedacht. Wer sich selber liebt, muss sich nicht über andere stellen. Das heißt also, es geht nicht um Selbstverliebtheit sondern um Selbsterhöhung.
Selbstliebe vs. Selbsthass
Im Außen mag gesunde Selbstliebe wie „Selbstverliebtheit“ ausschauen, im Innenleben eines Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist davon allerdings nur sehr wenig vorhanden. Ein Narzisst hat zu wenig Selbstliebe. Sein Selbstwertgefühl ist gering und auch ist er oft emotional abhängig -von anderen. Der Narzisst erhöht sich selbst.
Selbsthass dagegen ist im Übermaß vorhanden, genauso wie Ohnmacht oder Scham. Und der Mensch mit diesem Krankheitsbild verachtet sich für seine Gefühle. Und er verachtet jeden, der diese Gefühle bei ihm auslöst. Er ist zu schwach die Liebe dahinter zu erkennen. Denn auch „Triggern“ ist ein Akt der Liebe.
Ein Narzisst liebt sich nicht selbst
Die Minderwertigkeitsgefühle sind zu stark. Das Trauma zu extrem. Die Prägung leider gepolt auf eine Zuschreibung, die keinen Gegensatz zulässt. Der Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ oder „Die anderen sind besser als ich“, gepflanzt in der frühen Kindheit, sorgt für einen ewigen Wettkampf mit dem Außen und den nicht erfüllbaren Beweis, besser zu sein, als alle anderen. Es ist nahezu ein Zwang aller Welt beweisen zu müssen, wie gut man eben ist. Das passiert nicht mit Absicht, aber es passiert. Das Umfeld weiß nicht warum der Mensch das macht.
Der NPS´ler definiert sich über das Außen. Darüber erzielt er seinen Lustgewinn am Leben. Man nennt es auch Zufuhr. Ohne die Anerkennung von Außen würde er nicht überleben können. Er ist süchtig nach ihr. Er merkt nicht mal dass er andere damit aussaugt. Ob das sein Ziel ist, wage ich zu bezweifeln. Denn wer seinen Dealer auslaugt, wird keine Drogen mehr erhalten.
Also nochmals: Zu viel Selbstliebe kann nicht krank machen – zu wenig davon jedoch schon.
Das wusste auch schon Sören Kirkegaard, der bekannte dänische Philosoph, der einst sagte, dass mit dem Vergleichen das Unglücklich sein anfängt. Jeder Mensch ist Einzigartig. Jedes Gefühl darf sein. Und Die Gedanken sind ja ohnehin frei. Wie das Universum- die Phantasie, die Teil der Gedanken sind, ist unbegrenzt. Und es gibt immer einen Gegenpol. Das heißt also, dass nicht nur einer der Beste ist, sondern dass es auch mehrere Menschen geben kann, die in ein und derselben Angelegenheit die gleichen Stärken aufweisen. Im Grunde heißt es, dass jeder Mensch gut genug ist. Das Gesetz der Polarität steht dafür ein.
In unserer Welt finden wir immer zwei Pole, d.h. zu jedem Teil existiert ein Gegenteil. So gibt es: Ich und Du, Ja und Nein, Macht und Ohnmacht, Hell und Dunkel, Tag und Nacht, Sonne und Mond, Oben und Unten, Links und Rechts, Innen und Außen, Yang und Yin, Anspannung und Entspannung. Diese Reihe lässt sich unendlich weiterführen.
Normalerweise sehen wir in diesen Begriffspaaren Gegensätze, das heißt, wir denken in einer Haltung des „Entweder – Oder“. Erst wenn wir das „Entweder –Oder“ in ein „Sowohl als Auch“ verwandeln, nähern wir uns einer annehmbaren Sichtweise der Wirklichkeit.
Sören Kirkegaard
Selbstliebe heißt auch sich abzugrenzen und NEIN zu sagen
NEIN sagen und Grenzen aufzeigen hat noch niemandem geschadet. Und nicht jeder Mensch, der so ist, ist gleich eine in seinem Selbstwert zerstörte Seele. Manchmal sind es nur Hoch- oder Tiefphasen. Beides kommt vor.
Und auch das was ich jetzt schreibe muss gesagt werden:
Jeder Mensch hat immer eine Wahl. Jeder kann sich jederzeit neu entscheiden. Mag sein, dass man sich selbst einredet, dass das aufgrund von Abhängigkeiten nicht möglich sei. Das ist dann aber eine Einredung des Egos und ebenso krankhaft. Das ist die sogenannte Schuldumkehr. Wer ist verantwortlich für die Einhaltung der eigenen Grenzen?
Wer sagt Ja? Wer sagt Nein?
Und auch wenn man meint es nicht zu können, hat man jederzeit die Chance das zu erlernen. Der NPS´ler genauso, wie sein Umfeld. Man kann zu jederzeit etwas Neues lernen. Was oftmals fehlt ist die Erkenntnis und die Bereitschaft. Man könnte auch sagen, der Wille. Der Will zur Selbstliebe, die nicht krank machen kann.
Man spricht dann vom Verbitterungssyndrom nach Professor Michael Linden von der Berliner Charite.
Selbstliebe kann nicht krank machen – jedoch kann sie helfen zu heilen
Zu erkennen, dass dahinter etwas Heilsames ist, ist der Weg. Das klingt paradox. Aber was will uns dieser Gedanke mitteilen? Was will uns das sagen? Die Lösung ist die freie Willensentscheidung. Das Aufheben des starren, unflexiblen Denken. Die Erkenntnis, das alles sein darf, oder eben auch alles möglich ist. Die freie Entscheidung. Die eigene Wahl. Nicht das Entweder- oder- sondern- das sowohl als auch.
Irgendwas in uns ist in Unordnung geraten. Das aufzulösen ist Sinn und Zweck einer Therapie. Wenn statt Hass wieder Liebe da ist, spricht man von Heilung. Die Ordnung wurde wieder her gestellt. Jeder darf sein. Das ist (Selbst-)Liebe verbunden mit Nächstenliebe.