Die konditionale Akzeptanz bezieht sich auf die Fähigkeit, äußere Umstände und innere Erfahrungen zu akzeptieren. Auch dann, wenn sie nicht unseren Wünschen oder Erwartungen entsprechen. Diese Art der Akzeptanz ist „konditional“, da sie nicht bedingungslos erfolgt, sondern in Anbetracht der jeweiligen Situation oder Bedingungen. Als Kind dem Ganzen unvorbereitet ausgesetzt zu sein, bedeutet: „Friss oder stirb“. Narzisstische Überlebensstrategien sind vorprogrammiert.
Ein Grund für narzisstische Züge: Konditionale Akzeptanz
Oftmals wurde bei Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung das Verlangen nach Zuwendung und Aufmerksamkeit für ihre eigene Persönlichkeit insbesondere in der Kindheit nicht befriedigt. Anerkennung erfolgte lediglich dann, wenn sie außergewöhnlich waren oder eine spezielle Leistung erbrachten.
Die Überzeugung, nur unter gewissen Umständen akzeptiert, respektiert und geliebt zu werden, setzt Kinder schon früh unter Druck. Wenn nur der Leistungsgedanke zählt, ist für Freude und Entspannung kaum noch Platz. Glücklicherweise gibt es mittlerweile bessere Erziehungskonzepte, die das freie Spielen oder die Beziehung in den Vordergrund stellen. Jedoch ist dies oft nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein.
Zuneigung und Liebe nur bei Leistung
Wenn Zuneigung nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird, hat der heranwachsene Mensch nicht viele Möglichkeiten. Er gibt sich auf, rebelliert dagegen oder er wird zum Workaholic, der irgendwann bestenfalls ein Burnout erleidet und im schlechtesten Falle einen Bilanzsuizid begeht, weil er erkennt, dass die viele Arbeit ihm nicht das gibt, wonach er sich sehnt: Bedingungslose Liebe.
Die Betroffenen fühlten sich häufig nicht wertgeschätzt in ihrer natürlichen Veranlagung mit all ihren Schwächen und Stärken, wie es jedem Menschen zusteht, sofern sie überhaupt etwas fühlen. Diese Nichtwertschätzung bzw. Nichtwahrnehmung der Gefühle führt dann zwangsläufig zu Rationalität und kalter Empathie. Wo kein Leuchten ist, kann auch kein Funke überspringen.
Konditionale Akzeptanz als Teil des narzisstischen Missbrauchs
Wenn Kinder in Momenten der Schwäche, Verletzlichkeit, bei Misserfolgen oder Fehlern ignoriert, abgelehnt oder bloßgestellt werden, ist das Kind gezwungen Strategien zu entwickeln, die einen entsprechenden Schutz bieten. Wenn Gefühlsäußerungen in der Kindheit untersagt werden, weil es das Harmoniebedürfnis der Eltern gefährdet, wird es lernen, seine Bedürfnisse zu vernachlässigen. Es passt sich an.
Kinder narzisstischer Eltern entwickeln also sowohl dependente (abhängige), als auch narzisstische oder zwanghafte Persönlichkeitszüge. Zwanghaft deswegen, weil das Kind vorgelebt bekommt, was es soll und was es zwingend zu unterlassen hat, um Wertschätzung zu erfahren und somit verhaltensunflexibel wird. Das Kind denkt also, es habe keine Wahl und MUSS sich so verhalten. Konditionale Akzeptanz ist also nichts anderes, als erlerntes dysfunktionales Funktionieren.
Kälte und Leere statt Wärme und Geborgenheit
Betroffene verspüren oft auch später im Erwachsenenalter und trotz neuer Erfahrungen erhebliche Scham, wenn sie Anzeichen von Bedürftigkeit oder Verletzlichkeit an sich bemerken und bemühen sich, diese Aspekte zu verbergen. Dadurch sind korrigierende Erfahrungen nicht möglich. Den Betroffenen fehlt das Vertrauen. Sie entwickeln Angst vor dem Neuen. Die Konditionale Akzepanz hat sich in ihnen verankert.
Nicht selten versuchen sich Betroffene später dann Liebe und Aufmersamkeit zu erkaufen. Menschen mit narzisstischen Zügen gehen dafür ins Bordell, Menschen mit dependenter Persönlichkeitsstörung kümmern sich nur um andere und lassen sich ausnutzen und zwanghafte Menschen übernehmen freiwillig niedere Tätigkeiten.
Die aufgrund von Leistung und Bedingungen erkaufte Aufmerksamkeit jedoch ist in der Regel nicht mit Wärme und liebevoller Zuwendung gleichzusetzen, sondern als konditionale Akzeptanz. Sie denken, sie MÜSSEN das tun.
Narzissten entwickeln Versagensangst und denken in Konkurrenz
Menschen mit einer entwickelten narzisstischen Persönlichkeitsstörung definieren ihren eigenen Wert über Leistung und verwechseln deswegen Anerkennung mit Liebe. Gleichermaßen lernten sie dadurch, sich stets und ständig mit anderen zu messen. Denn nur, wer viel leistet, hat es ihrer Meinung nach verdient, akzeptiert zu werden.
Im Umkehrschluss entwickeln sie enorme Ansprüche. Im innersten fühlen sich Menschen mit narzisstischer Störung einsam, allein und unverstanden. Ihr Schutzmechanismus jedoch verhindert Kontakte auf Augenhöhe. Denn das würde bedeuten, dass sie sich selbst so annehmen müssten, wie sie sind, was sie als Kind nie gelernt haben.
© Daniel Brodersen