Der narzisstische Sex ist wie ein Wettkampf zu verstehen. Jeder will der Beste sein. Narzissten sind der Überzeugung, dass sie auch im Bett die Besten sind und möchten für ihre Leistung auch gelobt werden. Dementsprechend erwarten Sie stets entsprechende Anerkennung. Es geht beim narzisstischen Sex also weniger um die Bedürfnisse des Partners, sondern hauptsächlich um die Befriedigung des eigenen Egos eines Narzissten. Mit der Zeit nimmt dies ab, wodurch Aggression die Zärtlichkeit verdrängt und die Sexualpraktiken immer extremer werden.
Zwar schwärmen viele Frauen von der Sexualität mit einem Narzissten, jedoch kann das anfängliche Märchen schnell und sukzessive ins Gegenteil übergehen. Nämlich dann, wenn in einer längeren Beziehung der Selbstwert der Frau langsam, aber sicher, untergraben wird und der Vorwurf der weiblichen Frigidität zum Vorschein kommt. Diese beiden Extreme sind beim Sex mit Narzissten keine Seltenheit. Doch schauen wir uns auch die Phasen dazwischen einmal genauer an.
Narzissten im Bett: Wie wirkt sich der extreme Narzissmus auf die Sexualität aus?
Bekanntlich ist ein Narzisst übertrieben selbstverliebt. Er sucht die Fehler grundsätzlich bei anderen und manipuliert zu seinem Vorteil. Diese Eigenschaft macht auch vor der Sexualität eines Narzissten keinen Halt. Im Gegenteil: Die Verhaltensweisen zeigen sich auch bei der Sexualität sehr deutlich. Der narzisstische Partner ist davon überzeugt, dass der Sex mit ihm ein unvergleichliches Erlebnis für den Partner darstellt. Der Orgasmus des Partners ist das Ziel des Narzissten und so bemüht er sich durch grenzenlose Kreativität, das Gegenüber zu befriedigen. Koste es, was es wolle.
Nach der Anfangsphase im Bett möchte der Narzisst schnell sein eigenes Programm abspielen. Die Wünsche des Partners bleiben dabei meist unberücksichtigt und spielen eine sehr untergeordnete Rolle. Das kann so weit gehen, dass der Sex geprägt wird durch Aggression und Kontrolle.
Die Honeymoon-Phase mit einem Narzissten: Der Anfang der Beziehung ist himmlisch!
Gerade am Anfang einer Beziehung ist das Verlangen nach Sex bei beiden Partnern stark vertreten. Das kann sich erstmal großartig anfühlen und es besteht für den Narzissten erstmal keine Angst vor Ablehnung. Dementsprechend kann sich ein Narzisst hierbei völlig ausleben und bleibt sogar unerkannt in seiner Persönlichkeitsstörung.
Der Partner merkt vor allem am Anfang kaum, dass er es hier mit einem narzisstischen Liebhaber zu tun hat, denn beide sind von der anfänglichen Begeisterung getrieben und wollen ihre Verliebtheit in häufigem Sex ausleben, ein guter Grund auf jeden Fall warum Frauen Narzissten begehren.
Doch Vorsicht: Im Laufe der Zeit entwickelt der Narzisst im Bett sein festes Schema. Die Zufriedenheit fällt rapide ab und der Narzisst erwartet sich von der Liebe vielmehr Bestätigung. Die anfängliche Leidenschaft wird schnell überschattet von rohen, aggressiven Sexualpraktiken, die wenig mit Zärtlichkeit zu tun haben. Einem Narzissten mangelt es an Empathie, weswegen auch im Bett nichts als Protzerei zu erwarten ist. Die Situation zu beherrschen ist für den Narzissten das wichtigste, der Wunsch nach Macht und Kontrolle überwiegt nach der anfänglichen Honeymoon-Phase also sehr schnell.
Der narzisstische Sex mit einem grandiosen Narzissten
Der eher grandiose Narzisst denkt nur an sich und lebt ungehemmt seine Geilheit aus, ohne wirklich auf die Bedürfnisse seiner Partnerin einzugehen. Er hält sich für einen Superabspritzer. Ihm ist seine Männlichkeit sehr wichtig. Er hat den Druck, seinen Mann zu stehen, „in doppelter Hinsicht“. Er kann immer, er will immer, und wenn er mal nicht kann, hat er dafür auch eine passende Erklärung parat. Der narzisstische Sex kennt fast nur Superlativen.
Beim Sex konzentriert sich der grandiose Narzisst vor allem auf die körperliche Bestätigung durch seinen Partner, während ihm die körperliche Verbundenheit nicht wichtig ist. Der Körper des anderen wird lediglich dafür genutzt, um sich selbst auf Hochtouren zu bringen und die eigene Sexualität auszuleben. Deswegen werden auch die Bedürfnisse des anderen nicht berücksichtigt.
Die eigene sexuelle Befriedigung steht an oberster Stelle
Der narzisstische Sex mit einem grandios angehauchten Menschen wirkt mechanisch und scheint durch einen gewissen körperlichen Abstand geprägt zu sein. Nicht selten besitzt der sexuelle Akt eine pornografische Einfärbung. Teilweise spielt sich ein Film zum immer gleichen Muster im Kopf des narzisstischen Partners ab.
Um aber die Auserwählte zu erobern, spult er am Anfang sein ganzes Repertoire der Verführungskunst ab. Sex mit einem Narzissten ist für viele Menschen am Anfang wie der Himmel auf Erden. Berauscht durch den eigenen Trieb, bringt der Narzisst sein Gegenüber ständig in sexuelle Ekstase. Irgendwann aber lässt auch dieser Zauber nach, und der Narzisst fängt an, nur noch an sich zu denken.
In dieser fortgeschrittenen Phase braucht der Narzisst keine Bestätigung mehr von seinem Sexualpartner. Er setzt einfach voraus, dass er genial war und er den Sexualpartner in komplette Ekstase versetzt hat. Dies bedarf keiner besonderen Erwähnung mehr.
Die Unfähigkeit zur Empathie zerstört die anfängliche Magie
Die anfängliche Euphorie wird schnell von der Unfähigkeit zur Empathie überschattet. Ein narzisstisch motivierter Mann besitzt die mangelnde Bereitschaft, sich auf die Partnerin einzulassen. Nicht selten entsteht so ein Gefühl, nicht mit dem anderen verbunden zu sein und nicht an ihn heranzukommen.
Die Unfähigkeit, sich im Bett wirklich auf den anderen einzulassen, schürt langsam, aber sicher, das Desinteresse und die Langeweile auf beiden Seiten. Das Ergebnis: Der Narzisst findet nicht mehr die notwendige Bestätigung durch den Partner. Dessen Begeisterung wiederum nimmt umso stärker ab, je weniger die eigenen Bedürfnisse eine Rolle spielen.
Der Narzisst ist sehr daran interessiert, nur sein Schema durchzuspielen und berücksichtigt die Wünsche des Partners nicht. Und da ein Narzisst übertrieben von sich und seiner Unfehlbarkeit überzeugt ist, muss die Schuld für das unbefriedigende Sexualleben auf der anderen Seite des Bettes liegen. Der narzisstische Sex ist also nur am Anfang der Beziehung erfüllend und aufregend zugleich.
Die Partnerin verkommt zu einer Statistin
Der Partner/ Die Partnerin soll am besten jedem Wunsch des Narzissten Folge leisten und der perfekten Befriedigung nachkommen. Die eigenen Bedürfnisse werden dafür hinten angestellt – das geht aber nicht lange gut. Der Partner gibt seinen Körper hin, damit sich der Narzisst austoben kann, doch verzichtet selbst komplett auf seine Bedürfnisse.
Schnell nehmen Streit und Frust zu. Für die Partner von Narzissten wird Sex zur Last und zum nötigen Übel. Beim Narzissten kann es zu Potenzstörungen, verzögertem Orgasmus und dem völligen sexuellen Rückzug kommen – aus Angst vor dem Versagen, was sein Selbstbild zum Einsturz bringen könnte. Ebenso könnte der narzisstische Partner auf Plattformen für Sexkontakte neue Gespielinnen suchen. Die Beziehung ist dann ernsthaft in Gefahr.
Als letzter Ausweg bleibt ihm dann häufig nur die Selbstbefriedigung oder der Seitensprung. Hier behält er die volle Kontrolle und muss nur auf die Bedürfnisse des einzigen Menschen Rücksicht nehmen, der ihn interessiert: sich selbst. Der narzisstische Sex beginnt von vorne. Nur diesmal mit einer anderen Auserwählten.
Der narzisstische Sex mit einem vulnerablen Narzissten
Der depressive (oder auch vulnerable) Narzisst denkt weniger an sich. Ihm ist die Bestätigung, ein guter Liebhaber zu sein, viel wichtiger. Auf den ersten Blick erscheint diese Art des Narzissmus gar nicht als typischer Narzissmus, denn die Betroffenen wirken oft schüchtern. Diese Form wird auch als verdeckter Narzissmus bezeichnet.
Doch mit der Zeit wird klar, dass diese Personen unfähig sind, Empathie zu zeigen und nicht gut mit Kritik umgehen können. Es entwickelt sich eine Anspruchshaltung, die die eigene Person in den Mittelpunkt stellt und Konkurrenzgedanken entstehen lässt. Beim Sex ist das bemerkbar, wenn der Partner meint, er gibt mehr, als er nimmt. Er unterwirft sich zwar nicht direkt den Bedürfnissen des Partners, aber handelt genauso egoistisch, wie der grandiose Narzisst, nur andersherum.
Ihm ist wichtig, dass der andere auf seine Kosten kommt. Dabei geht er nicht wirklich auf die Bedürfnisse der Frau ein, wenn auch manche Frau die Bestätigung braucht, gut zu sein.
Der Orgasmus steht im Mittelpunkt beim narzisstischen Sex
Die Bedürfnisse der Partnerin werden bei einem vulnerablen Narzissten hinten angestellt und das Ziel des Orgasmus steht im Mittelpunkt – egal wie. Der narzisstische Sex hat mit Liebe machen, also recht wenig zu tun.
Und auch die Frau ist hin und wieder frustriert, wenn ihr Partner „ihrer Meinung nach“ nicht auf seine Kosten kommt. Das liegt sicher auch daran, dass sich in dem Falle beide zu sehr unter Druck setzen. Der Orgasmus wird überbewertet oder gar als Erfolgserlebnis angesehen. Aber wer sich über den Orgasmus anderer definiert, befriedigt damit im Grunde auch nur sein Ego.
Weiblicher Narzissmus ist oft subtil
Bei der Frau äußert sich der Narzissmus überwiegend darin, begehrt zu werden. Die weibliche Form des Narzissmus kann für Männer große Schmerzen und Demütigung nach sich ziehen. Oft sind betroffene Männer beschämt und verlegen, weil sie darauf sozialisiert sind, keine Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Das macht es ihnen noch schwerer, sich zu zeigen.
In den Händen weiblicher Narzisstinnen können Männer Opfer von Drohungen, Manipulation und anderen Formen emotionaler oder psychischer Gewalt werden. Bei der Frau äußert sich der Narzissmus überwiegend darin, begehrt zu werden. Dies führt häufig dazu, dass sie sich einem Mann verweigern und an seinem Verlangen Befriedigung finden, etwa indem sie vor ihm masturbieren. Diese Vorenthaltung von Sex ist ein häufiger Trick von weiblichen Narzissten.
Der narzisstische Sex: Partnertausch inklusive
Eine gesteigerte Form wäre, dass er zusehen soll, während sie Sex mit anderen hat. Dies könnte auch ausgelebt werden, indem ein Partnertausch vorgeschlagen wird, oder der Besuch eines Swingerclubs angestrebt, um das Sexualleben angeblich zu bereichern. Dabei werden dem Partner alle möglichen Vorzüge aufgetischt, um ihm die Vorschläge so verlockend wie nur möglich zu verkaufen. Dabei bereichert die Narzisstin sich größtenteils selbst.
Da auch die narzisstische Frau unfähig ist, die Persönlichkeit des Partners wirklich zu sehen und anzuerkennen, spielt auch er oft nur die Rolle des reinen Sexualpartners, der ihr im Extremfall zum Beispiel nur ein Kind zeugen und anschließend wieder verschwinden soll.
Natürlich ist es auch möglich, dass das Rollenverhältnis umgekehrt ist, schließlich gibt es ja auch grandiose Frauen und depressive Männer. Nicht jede Frau ist das „schwache Geschlecht“ und nicht jeder Mann ein starker Hengst.
© Daniel Brodersen