Wenn wir verletzt werden, fühlen wir uns stets innerlich leer und deprimiert. Nun stelle dir vor diese Verletzung geschah schon in frühen Jahren. Wie sehr frühe Verletzungen nachwirken, hast du vermutlich, schon gespürt. Du fühltest früh, dass dir irgendwas fehlt. Vielleicht hast du sogar geglaubt, dass mit dir etwas nicht stimmt. Diesen Zustand beschreibt man als Dysthymia.
Gleichzeitig willst du immer wieer und unbedingt den Beweis erbringen, dass mit dir alles vollkommen in Ordnung ist. Doch es gelingt dir nicht. Die Dysthymia legt dich lahm.
Die Dysthymia wird auch als Loch der Seele bezeichnet
Menschen , die sich innerlich leer fühlen, haben das Gefühl nur noch stille Beobachter ihres eigenen Lebens zu sein. Sie sind ruhelos, leiden unter permanenten Selbstzweifeln, auch wenn man ihnen das oft nicht ansieht und sie verspüren eine Sehnsucht nach Anerkennung und Erfüllung ihres als trist- empfundenen Leben.
Ständige Gefühle der Niedergeschlagenheit, Unvollständigkeit oder Einsamkeit können ein großes schwarzes Loch in uns reißen. Dieses Loch versuchen wir nun mit allen Mitteln zu stopfen.
John Bradshaw bezeichnete die Dysthymia als Loch in der Seele. Mit dem Verlust des wahren Selbst verliert der Mensch den Kontakt zu seinen Gefühlen und Bedürfnissen. Als Kind warst du vermutlich gezwungen die Bedürfnisse deiner narzisstischen Eltern zu erfüllen, während du dich selbst aufgeben musstest.
Du hast dich aufgeopfert für die anderen. Du hast dich angepasst. Du warst der Lückenfüller der anderen. Schlimmstenfalls hast du dich daran gewöhnt.
Das Gefühl der inneren Leere kann sich auf verschiedene Arten äußern.
- Du verstehst deinen Platz und Sinn im Leben nicht
- Du wirst geplagt von negativen Gedanken
- Du suchst stets nach Bestätigung von anderen
- Isolation – du schottest dich von deiner Umgebung ab
- Du kannst deine Gefühle nicht ausdrücken
- Motivations- und Antriebslosigkeit
Laut ICD-10 äußert sich die sogenannte Dysthymia durch folgende Symptrome:
- Verminderter Antrieb oder Aktivität
- Ausgeprägte Schlafstörungen
- Verlust des Selbstvertrauens oder das Gefühl der Unzulänglichkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Sozialer Rückzug
- Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität und anderen angenehmen Aktivitäten
- Verminderte Gesprächigkeit
- Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft
- Schwierigkeiten den eigenen Alltag zu organisieren
- Neigung zum Weinen
- Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
Das heißt du zeigst oft nicht deine eigenen Gefühle, sondern die des falschen Selbst. So ist z.B. der Irrglaube entstanden, dass ein netter Mensch niemals seine Wut oder Frustration zeigt. Der Spruch „Nett ist die kleine Schwester von Scheiße“ gewinnt somit also an tieferer Bedeutung. Nettsein ist nämlich oft eine weit verbreitete Eigenschaft des falschen Selbst.
Ein falsches Selbst führt dazu, dass man oft gute Miene zum perfiden Spiel macht. Man spielt Theater. Man macht sich selbst und anderen was vor. Das wahre Selbst ist dabei nie anwesend.
Viele Menschen von denen man annimmt, dass sie eine Show abziehen, oder Kinder die einen auf Klassenclown machen, sind in Wahrheit tieftraurig. Man merkt es Ihnen aber nicht an. Sie lachen, weil es nicht zum Weinen reicht. Schlimmstenfalls stürzt du ab in eine Depression oder erkrankst dauerhaft an der Dysthymia.
Betroffene können Lob und Kritik oft nicht annehmen
Das Leben vermittelt den Betroffenen ein Gefühl der Irrealität. Man ist zwar da, aber irgendwie nie wirklich anwesend. Man könnte dieses Umstand auch als Apathie bezeichnen. Und selbst wenn man Menschen um sich hat, die einen bewundern, die einem Lob und Komplimente zuzollen, ändert das nichts. Man kann das nicht annehmen. Die Äußerungen prallen vom falschen Selbst ab und erreichen das wahre Selbst somit gar nicht.
Manch Betroffener schildert sein Leben so, als stünde er am Rand und würde zusehen, wie das Leben an ihm vorbei zieht. Im Fachjargon bezeichnet man dieses Umstand als Derealisation. Das heißt man sieht sein Leben, wie durch einen Schleier – Film -in dem man sich allerdings nicht selbst spielt.
Man schaut sich beim Leben zu, ohne was zu machen. Man ist körperlich anwesend. aber geistig in ganz anderen Sphären. Dieses Phänomen trifft man häufig bei schwerst- Traumatisierten – speziell bei der Borderline- Störung oder der Dissoziativen Identitätsstörung.
Innere Leere vs. Einsamkeit
Die innere Leere führt häufig zu Einsamkeit. Jedoch kann man auch einsam sein, ohne sich innerlich zu fühlen. Gleichzeitig kann man aber auch innerlich leer sein, ohne sich einsam zu fühlen.
Menschen die sich leer fühlen sehnen sich….
• danach überhaupt etwas fühlen zu können
• nach Erfüllung
• nach dem Gefühl „ganz“ zu sein
• danach, sich selbst zu spüren
• zu wissen, was man wirklich möchte
• seinen Lebenszweck zu finden und zu leben
Menschen die einsam sind dagegen sehnen sich…
nach einem tiefen Kontakt zu anderen Menschen
• sich zugehörig zu fühlen
• sich verbunden zu fühlen
• gesehen, gehört und verstanden zu werden
• akzeptiert zu werden
• Wertschätzung zu erfahren
• geliebt zu werden
• sich mit anderen austauschen zu können, ohne sich dabei verstellen zu müssen
Was die innere Leere so toxisch macht
Das abgespaltene verletzte innere Kind, wird oft durch das falsche Selbst überdeckt. Nicht selten führt dies zu Verhaltensweisen, die für Außenstehende nicht nachzuvollziehen sind. Die Einstellung eines verletzten Kindes ist stets egozentrisch, d.h. man bezieht alles auf sich. Erwachsene verletzte Kinder sind völlig in sich vertieft. Sie leben quasi in einer eigenen Welt. Sie leiden. Sie jammern. Sie sind wehleidig.
Innere leere kann sich anfühlen wie chronische Zahnschmerzen. Und sie geben einem oft das Gefühl, dass man ihnen nicht helfen kann. Sie wissen entweder alles besser, oder aber sie haben schon alles mögliche versucht – nichts konnte ihnen helfen. Gleichzeitig sind diese Menschen unheimlich mitteilungsbedürftig. Wer sich da nicht abgrenzt, wird schnell in einen Bann gezogen und ausgesaugt.
Die Folge könnte sein: Innere Leere oder schlimmstenfalls eine Dysthymia
© Daniel Brodersen