In uns allen lebt ein kleines Kind. Manche von uns sind ihrem inneren Kind schon begegnet, andere sind noch auf der Suche danach oder verdrängen es. Das Kind sitzt im Schatten. Es ist verletzt. Es friert und es trägt Glaubenssätze in sich, übernommen von narzisstischen Müttern und Vätern. Diese Überzeugungen in uns, sind der Grund, weswegen narzisstischer Missbrauch möglich ist. Wir erleiden alle eine narzisstische Vergiftung, die uns in die Knie zwingt und in den Beziehungen die wir führen zu Abnutzungskämpfen beiträgt. Am Ende suchen wir alle nur nach Liebe und dem Gefühl irgendwo angekommen zu sein.
Viele Ansätze um die narzisstische Vergiftung zu heilen
Bekannt ist uns der Umstand, dass irgendwas in uns im Argen liegt schon seit längerem, populär und damit vermutlich auch bewusst, wurde diese Tragik durch Stefanie Stahls Dauerbesteller: „Das Kind in dir muss Heimat finden“ – der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Probleme“.
Seither gibt es viele Ansätze rund um die Arbeit mit dem inneren Kind- auch gerade im Coachingbereich, in der Traumatherapie oder in der von Jeffrey Young entwickelten Schematherapie, die bis heute einzige Therapieform, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird um die narzisstische Vergiftung des verletzten inneren Kind zu heilen.
Es gibt nicht nur ein Kind, sondern mehrere
Genauer gesagt jedoch gibt es ganz viele Kinder in uns. Und diese Kinder sind unterschiedlich alt und haben zudem auch noch unterschiedliche Erfahrungsintensitäten. Jeder Glaubenssatz steht stellvertretend für eine Erfahrung, die wir als Kind erlebt haben. Deswegen spricht man auch von vielen Glaubenssätzen, bzw. einer ganzen inneren Fußballmannschaft mit unterschiedlichen Spielern sowie Gegenspielern.
Nicht alle Glaubenssätze sind negativer Natur. Und nicht alles, was du als Kind erlebst, hat einen narzisstisch motivierten Hintergrund, d.h., der Grund für dein Erleben ist nicht Folge von dysfunktionalem Verhaltens deiner Bezugspersonen. Es gibt auch positive Glaubenssätze, die deine besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten hervorheben und dir somit sonnige Zeiten beschehren, in denen du zeitweise sogar dein Leben genießen kannst.
Das Fatale aber ist: Das Gute vergisst du. Am Schlechten hältst du fest. Denn das hat dich geprägt und dir Schmerzen bereitet, die du dir nicht erklären kannst.
Ein Glaubenssatz ist auch eine Lösung mit narzissitischem Missbrauch umzugehen
Ein Glaubenssatz also ist auch ein Anteil, ein Muster oder gar eine Programmierung, welche Denk- und Handlungsstrategien zu Tage fördert und dich in Zustände versetzt, die dich schwach und hilflos fühlen lassen. Um diesen Gefühlen zu bewältigen, entwickelst du Muster, die dir das Gefühl vermitteln, du hättest alles unter Kontrolle. Dies alles geschieht durchweg mit einer positiven Absicht. Denn du willst nicht leiden. Und du willst weiterhin geliebt werden. Also machst du gute Miene zu gemeinem Spiel.
Als Kind erschienen diese Lösungen ein Problem zu bewältigen, noch kreativ und notwendig, als Erwachsener, dagegen erweisen sich diese Strategien als destruktiv und überflüssig. Nicht selten ist man erst hinterher schlauer, ohne zu Wissen was der Auslöser war, für sein eigenes Dazutun an der scheinbar ausweglosen Situation – dem erneut erlebten Missbrauch, der erneuten Hilflosigkeit, ausgesetzt in einer für dich sehr toxischen Beziehung.
Die narzisstische Vergiftung wiederholt sich wie ein Kreislauf
Hinter jedem Verhalten liegt ein guter Grund. Sich vor Verletzungen zu schützen ist legitim. Jedes Lebewesen hat das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Genauer gesagt hat jeder von Geburt an seine Daseinsberechtigung und zwar ganz genau, so wie er ist. Also hast du auch einen guten Grund, an deinen Gedanken und Handlungsmustern festzuhalten. Denn diese sicherten dein Überleben und gaben deinem Leben einen Sinn.
Jedoch führen diese guten Gründe (Anteile) auch dazu, dass du dich immer wieder in ähnlichen Situationen wiederfindest. Mal bist du Opfer, mal bist du Täter – du opferst dich auf, wehrst dich, beklagst dich, jammerst, beschuldigst andere, haderst mit dir, bist unzufrieden und gibst dir für alles die Schuld. Alles wiederholt sich in deinem Leben. Erfahrungen, Erkenntnisse. Du fährst Karussel, alles dreht sich ganz schnell und immer nur im Kreis.
Muster, Programme, Introjekte, Glaubenssätze
Kennst du den Selbstsaboteur in Dir? Der alles von dir mit großer Anstrengung aufgebaute wieder zerstört?
Kennst du vielleicht auch diese Glaubenssätze:
- Ich bin nicht gut genug
- Ich bin nicht liebenswert
- Ich bin wertlos
- Ich bin ein Versager
- Ich bin nicht attraktiv
- Ich habe nichts zu bieten
- Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig?
Und was tust du dann, wenn du das denkst? Oder bemerkst du den Gedanken erst, wenn du etwas tust, was dir nicht gut tut? Was hast du nicht schon alles dafür getan, um dich besser zu fühlen? Und wie lange hat das scheinbar gute Gefühl dann angehalten?
Vielleicht aber wiederholt sich dadurch auch nur etwas, was du dir von jemand anderem abgeguckt hast. Vielleicht sind diese Gedanken nicht deine eigenen. Vielleicht kommen diese von einer engen Bezugsperson. Dann spricht man von Täterintrojekten. Die Folge: Selbstabwertung
Vielleicht aber sind dir auch folgende Gedanken bewusst:
- Egal was ich tue, es reicht nicht
- Wenn ich etwas sage, mag man mich nicht mehr
- Wenn ich Nein sage, sind die anderen verletzt
Obwohl dir die Wirkung dieser Programme bewusst ist, und du kognitiv schon alles an Therapiemethoden und Selbstfürsorgetechniken ausprobiert hast, fällt es dir schwer, diese Gedanken loszuwerden, geschweige denn durch andere zu ersetzen.
Du meditierst vielleicht schon länger und oft glaubst du sogar, dass du dadurch in einem besseren Zustand bist und selbst die letzte Erkenntnis ist nicht allzu lange her. Und dennoch gibt es immer wieder diese Momente, in denen es dir schwer fällt liebevoll zu dir selbst zu sein. Dein altes Muster macht sich bemerkbar. Du findest dich in Situationen wieder, die dich immer wieder an die alte Wunde erinnern.
Resignation vs. Projektion
Mal resignierst du und zweifelst am System. Mal bist du kraft und saftlos am Boden zerstört, und hin und wieder entwickelst du auch eine „Jetzt-erst-Recht-Mentalität“. Aber oft ziehst du auch deswegen immer wieder den selben Typus Mensch an, der dein Weltbild ins Wanken bringt. Die narzisstische Vergiftung also wiederholt sich, wie ein Kreislauf. Du verliebst dich und verletzt dich kurz darauf wieder. Im Schlimmsten Fall vergiftest du dich selbst weiter, indem du glaubst, jemand anders außer du selbst, könnte dich glücklich machen.
Gleichzeitig deutest du liebgemeinte Handlungen deines Umfeldes um und unterstellst anderen weiterhin Missbrauch, während du dich selbst missbrauchst. Das heißt ein Teil von dir, ist bereits desillusioniert und resigniert, und fragt sich ob es die Mühe überhaupt noch Wert ist, anderen etwas zu geben, um ein bisschen Liebe abzukriegen. Dieser Teil projiziert dann seine Unliebe gegenüber sich selbst, auf den anderen, für den er sich aufopfert, während er diesem unterstellt, dich nicht ausreichend zu würdigen. Schlimmstenfalls zerstörst du dabei nicht nur dein Weltbild.
Wie Teile- Arbeit deine narzisstische Vergiftung auflöst
In der inneren Kind- Arbeit und insbesondere in der von mir entwickelten Traumasensiblen Anteile- Arbeit, werden diese destruktiven und gleichzeitig ungeliebten Anteile /Glaubenssätze aufgedeckt und liebevoll angenommen, so dass Liebe und Selbstliebe wieder möglich ist.
Wir arbeiten immer mit den Themen, die gerade aktuell sind und müssen dafür auch gar nicht groß in deiner Vergangenheit rumwühlen. Allein dass sich die Anteile, Muster, Programmierungen und Glaubenssätze bei dir zeigen und dich daran hindern in deine Größe zu kommen, ist doch ein guter Grund, sich insbesondere diesen zu widmen.
Diese Methode geht schnell und ist sehr effektiv. Oft sind nicht sehr viele Sitzungen erforderlich und du spürst eine Wirkung schon nach der ersten Sitzung.
© Daniel Brodersen