Ich verstehe die Menschen nicht…Sie fordern und fordern und fordern…Egal von wem oder wonach. Sie selbst sind aber nicht bereit Forderungen anderer anzunehmen oder erst mal zu akzeptieren. Gerade ganz aktuell fordern viele Menschen die schlimmste aller Strafen, die Todesstrafe. Sicher, es gibt keine schlimmere Tat als jemanden zu ermorden. Aber wie kann man denn einen Mord mit einem Mord bestrafen – ohne selbst zum Täter geworden zu sein ? Es ist Unrecht jemanden zu töten – keine Frage. Doch bringt die Todesstrafe den Toten nicht wieder und es macht auch zusätzlich keinen Menschen glücklich oder zufrieden. Wenn eine Mutter ihr Kind verloren hat – weil es jemand getötet hat – dann ist das schrecklich und sehr schwer zu verzeihen. Aber indem man den Täter mit der Todesstrafe bestraft wird doch nur eine weitere Mutter ihres Kindes beraubt. Soll sie etwa den selben Schmerz erfahren den die Mutter des Opfers kaum überwinden wird ?
Schlimm ist auch – mit welcher Lust sich einige Menschen dazu hinreißen – ihre Todeswünsche zu äußern. Mit schlimmsten Foltermethoden und allem was einem selbst nicht widerfahren möchte – vergehen sich diese Menschen an sich selbst.
„Schwanz abschneiden und ausbluten lassen…“
„Direkt abschlachten…“
„In den Kopf schießen…“
„Zerstückeln und verbrennen…“
…..
Das sind nur einige dieser Vorstellungen und Äußerungen….
Was sind das für Kreaturen ? Haben sie nicht auch Familie, ein Herz, ein Leben ?
(Stefan Barth)
Ich verstehe den Menschen. Ich spüre seinen Schmerz. In den sozialen Netzwerken breitet sich der gestörte Narzissmus aus. Noch vor 70 Jahren lebten viele unserer Vorfahren im Krieg. Sie fürchteten um ihr Leben und sie wären selbst zum Mörder geworden nur um ihr Leben zu retten. Heute haben wir keinen Krieg, aber viele Menschen glauben, wenn sie die Todesstrafe fordern, zu Vergeltungsschlägen auffordern oder strengere Kontrollen beim Einwanderungsgesetz vorschlagen, dass sie irgendwas verhindern können, was dann jedoch als Folge dessen erst recht eintritt. Wem nützen weitere Todesopfer? Geht der Schmerz dann weg? Ist der Hass dann weniger? Haben wir dann weniger Angst?
Die Menschen leiden, sie sehen sich als Opfer. Statt dem Leiden entgegen zu treten, treten sie lieber nach, auch wenn das ihren Schmerz nicht lindert. Gestern Frust, heute Frust und Morgen auch keine Lust dem Frust mit Liebe und Achtsamkeit zu begegnen. Statt das eigene Tun und Handeln zu hinterfragen, gucken sie weiterhin auf die Ungerechtigkeit im Außen. Statt dazu beizutragen selbst kein Unrecht zu begehen, veurteilen sie diejenigen die aus ähnlichen Motiven Unrecht begangen haben. Die Befürchtungen vieler achtsamer Menschen, dass das Ganze im nächsten Bürgerkrieg enden könnte, kommt nicht von ungefähr. Und auch hier ist es die Angst, die diesen Zustand nährt.
Der Mensch strebt nach Glück, Liebe und Frieden. Statt sich selbst und anderen wertschätzend und respektvoll zu nähern, wird jede positive Ressource abgewehrt.
Ich bin froh, dass das alles nicht auf alle zutrifft. Ich selber habe es in der Hand, den inneren Frieden zu wahren. Ich selber kann mein Leben in die gewünschte Richtung lenken. Ich selber kann meinem inneren Kind die Liebe schenken, nach der es so sehr im Außen sucht. Wir leben nach wie vor in einer Konsumgesellschaft, in der es darum geht „bestmöglich dazustehen“. Statt zu gucken, was einem selber gut gelingt, lehnt man sich und andere ab, wenn ein (unbewusster) Fehler unterläuft. Doch niemand ist perfekt. Jeder aber ist gut so wie er ist, auf seine eigene Art und Weise. In der Bibel steht, vor Gott sind alle Menschen gleich. Aber der Anspruch perfekt zu sein, oder besser zu sein, als die Masse, sorgt dafür, dass die Schere zwischen arm und reich immer mehr auseinander klafft. Die Wunde wird nicht kleiner, der kollektive Wunsch nach Rache für die Verletzung dagegen wird aber größer.
Ich bin ein großer Freund der inneren und äußeren Achtsamkeit. Ich habe gelernt mir selber meine Fehler zu verzeihen. Und so kann ich es auch anderen Menschen nachsehen, wenn sie aus meiner Sicht einen Fehler begehen. Ich will nicht perfekt sein, ich reiche mir aus, ich bin froh am Leben zu sein, ich liebe mein zu Haus. Ja auch ich war mal anders, deswegen lautet mein Pseudonym auch so. Ich war krank vor Hass, ich war freudlos und gab der Gesellschaft die Schuld an meiner Misere. Ich verachtete Schwäche, war selber aber genauso schwach. Denn allein die Verachtung ist das Gegenteil von stark.
Mir gelingt auch nicht alles immer zur vollkommenen Zufriedenheit, aber ich kann mir wenigstens selber in die Augen schauen. Ich habe wieder angefangen mir selber zu trauen. Ich weiß ja, dass die Menschen nur den Frieden herbeisehnen. Und ich weiß auch, dass viele den Frieden übersehen. Man sagt so schön, dass der Mensch nach der Tür zum Leben sucht, aber vor verschlossener Tür steht. Statt jemanden um Hilfe zu bitten, begegnet man dem Hindernis mit Tritten. Man will auf keinen Fall versagen und es um jeden Preis alleine schaffen. Nur wer sich zu sehr verausgabt, landet früher im Grab und bildet den Maßstab für die Verrohung, der nachfolgenden Kinder. Wir suchen nach Vorbildern oder Notausgangschildern. Statt selbst ein Vorbild zu sein oder zu erkennen, dass man es selber sein kann, glaubt man oft nur, das man nur ein Vorbild ist, wenn man die Welt vor dem bösen beschützt. Doch wem hat der Kampf jemals genützt?
Wenn wir also Frieden wollen, dann dürfen wir nicht in Foren trollen, sondern müssen jedem (vor allem aber unserem inneren Kind) den Respekt zollen, nachdem sich die Gesellschaft sehnt.
Dass hinter unserer kollektiven Angst oft selbst ein Trauma steht, wird verdrängt, einfach um den Schmerz nicht zu spüren. Wir lenken uns ab mit all unserem Tun, aber Frieden findet meiner Meinung nach nur, wer es schafft auch bei Sturm und Gewitter sich auszuruhen.
(© Daniel Brodersen)