Vom Opfer zum Selbstliebenden

Wieviel Narzisst steckt in mir?

Persönlichkeitsveränderungen nach Missbrauch und Mobbing

Narzissten sind immer die anderen! Man selbst zählt sich nur ungern dazu. Und wenn, dann redet man lieber nicht darüber. Dadurch gerät eine sehr wichtige Sache in Vergessenheit: Narzissmus betrifft uns alle.

JEDER Mensch hat narzisstische Anteile in sich. Aber niemand würde sich jemals trauen, das in der Öffentlichkeit kundzutun. Narzissmus ist in gewisser Weise ein Reizthema. Jeder will ganz genau wissen, was das ist und achtet bei seinen Mitmenschen auf narzisstische Verhaltensweisen. Bei sich selbst wird es hingegen tabuisiert.

„Ich bin kein Narzisst! Es sind immer die anderen.“

Aber warum sehen wir den Narzissmus nur bei anderen? Warum fangen wir nicht bei uns selbst an und hinterfragen oder reflektieren unser Verhalten? Warum stellen wir uns nicht selbst die Frage:

„Wie viel Narzisst steckt in mir?“

Wenn es um positiv konnotierte Gedankenkonstrukte wie Achtsamkeit, Selbstliebe, Selbstwert oder Nächstenliebe geht, sind viele Menschen sofort Feuer und Flamme. Über Persönlichkeitsentwicklung reden wir gerne. Beim Thema Narzissmus halten wir uns jedoch zurück. Und wenn wir darüber sprechen, dann beschuldigen wir immer die anderen. Wir sind mit unserer Aufmerksamkeit voll und ganz bei unseren Mitmenschen. Wir fokussieren uns nie auf uns. Dadurch rauben wir uns selbst Energie, machen jedoch die anderen dafür verantwortlich.

Bringt es uns etwas, dabei von Rollen- oder Schuldumkehr zu sprechen? Natürlich! Die Nichtanerkennung der eigenen Anteile ist reiner Selbstschutz. Und das ist vollkommen legitim.

Jedes Symptom ist gleichzeitig auch eine Lösung. Also hat jeder Selbstschutz (oder Widerstand) eine Funktion.

Wer stigmatisiert sich schon gerne selbst?

Viele Menschen haben Angst.

  • Angst vor Abgrenzung,
  • Angst vor Ablehnung,
  • Angst davor, nicht gut genug zu sein,
  • Angst, nicht geliebt zu werden.

Und oft ziehen sie dann andere an, die ihnen genau diese Ängste spiegeln.

Doch sind diese gespiegelten Ängste immer wahr? Können wir jede Fremdwahrnehmung zulassen? Können wir alles, was von außen kommt, annehmen?

Manchmal ist das uns Gespiegelte zutreffend.Häufig ist es jedoch auch ein riesengroßes Missverständnis.

Dicht dahinter steht die Angst und weiter die schon fast vergessene Selbstliebe. Deshalb ist es auch verständlich, dass von einer hohen Dunkelziffer der (nicht) diagnostizierten Narzissten gesprochen wird. Nach der ICD-10 beträgt sie lediglich 1-2 % der Bevölkerung. Vertraut man dieser Ziffer, sind 99 % der Menschen auf der Erde keine Narzissten. Würde das so stimmen, wäre ich vermutlich arbeitslos. Deshalb ist meine Schätzung eine ganz andere …

1993 wurde ein neuer Begriff ins Leben gerufen. Der deutsche Psychologe Heinz Leymann brachte damit viele Steine ins Rollen. Er sprach von einem Phänomen gesprochen, welches zwar Einzug in die Wissenschaft fand, aber bis heute noch keinen Eintrag in die ICD oder dem Gesetzbuch bekommen hat.

Die Rede ist von „Mobbing“ oder „Bullying“. Im Laufe der Zeit wurde dieser Begriff um viele weitere erweitert, die dieses Phänomen näher erörtern oder umschreiben.

Auch die Opfer von Mobbing zeigen im Verlauf Persönlichkeitsveränderungen auf, die von außen betrachtet einer Persönlichkeitsstörung gleichen. Meist liegt aber keine Persönlichkeitsstörung vor, sondern eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung.

Professor Michael Linden von der Berliner Charite gab den Spätfolgen von Mobbing sogar einen eigenen Namen: die „Posttraumatische Verbitterungsstörung“. In seiner Fachabteilung in der Berliner Charite behandelt er Opfer von Mobbing. Zahlreiche seiner Patienten werden woanders als Narzissten, Menschen mit Paranoia, Borderliner oder mit der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Er hingegen sieht die Verhaltensveränderungen als logische Folge von schwerem psychischen Missbrauch in der Schule oder am Arbeitsplatz.

Diese weitreichenden Persönlichkeitsveränderungen wurden 2009 von Gerald Hüther und Rudi Ballreich in ihrem Buch „Du gehst mir auf die Nerven“ publiziert und gelten seitdem als Maßstab in den Ausbildungen zum Mobbingberater oder Mediator.

Zu den aufgeführten Veränderungen gehören unter anderem

  • das selektive Wahrnehmen von Konfliktereignissen
  • das Übersehen, Filtern, Überhören, Verzerren
  • ein Tunnelblick und eine eingeschränkte Perspektive
  • eine kognitive Kurzsichtigkeit

Nur das Naheliegende wird gesehen.

  • die Bestimmung der Wahrnehmung durch Denkmuster und Glaubenssätze

„Ich sehe, was ich denke.“

  • der Verlust der Besonnenheit
  • die Tendenz zu Verallgemeinerungen und Pauschalisierungen
  • tief im Unterbewusstsein verwurzelte Vorurteile und fixierte Bilder von sich, „Feinden“ und der Situation
  • dichotomes Denken

Betroffene denken nur in extreme Kategorien. Gut und Böse, fehlerlos und mangelhaft, sauber und schmutzig …

  • die Tendenz zu Zuschreibungen und Verdächtigungen
  • das ziehen von Kurzschlüssen und willkürlichen Schlussfolgerungen
  • ständige Fehlinterpretationen des Verhaltens anderer, wodurch Missverständnisse entstehen
  • die Verabsolutierung des eigenen Denkens

„Meine Meinung ist die richtige. Keine andere!“

  • die Manifestierung von Angst als Basisemotion
  • Empfindlichkeit, Hochsensibilität, Unsicherheit und Misstrauen
  • die Desensiblisierung oder emotionale Kälte

Betroffene bauen einen Schutzpanzer der Unempfindlichkeit vor sich auf.

  • die Abspaltung von Gefühlsbereichen
  • der Verlust der Empathiefähigkeit
  • das Abkapseln eigenen Gefühle
  • ein sozialer Autismus

Doch wer fügt anderen Menschen solche Qualen zu? Sind die sogenannten „Mobber“, die ihren Mitmenschen mit vollster Absicht seelischen Schmerz zufügen, nicht die eigentlichen Narzissten?

Manche sprechen in Bezug auf Mobbing auch von der Macht der Gier in der Gesellschaft. Die Reichen haben Angst um ihr Reichtum und halten die Armen aus diesem Grund arm.

In der Politik ist Mobbing kein Thema. An Schulen übrigens auch nicht. Der gute Ruf könnte ja verloren gehen, wenn dort ein Projekttag mit dem Themenschwerpunkt Mobbingprävention veranstaltet wird. Der österreichische Psychiater Prof. Dr. Reinhard Haller bringt es in seinem Buch „Das ganz normale Böse“ sehr gut auf den Punkt: 

Es ist in jedem Menschen vorhanden. Und jeder Mensch ist auch dafür verantwortlich, das zu kontrollieren. Manchmal erfordert es nicht viel, damit es ans Tageslicht kommt.

Mobbing findet mittlerweile nicht nur auf dem Schulhof oder am Arbeitsplatz statt, sondern auch im Internet. Ironischerweise sind die als böse dargestellten Narzissten häufig Opfer von solchem Cybermobbing.

Die Hetze gegenüber Narzissten, der inflationäre Missbrauch des Narzissmusbegriffs und die gleichzeitige Diffamierung von seelisch erkrankten Menschen. Das Internet ist voll davon. Genau diese Verhaltensweisen können als narzisstisch bezeichnet werden.

Oder eben als das, was sie sind: eine Projektion der eigenen Unzulänglichkeiten und Schatten auf x-beliebige Menschen, die vielleicht ein Merkmal erfüllen, was sonst nur Narzissten zugeschrieben wird.

Zu diesen Merkmalen zählen:

  • eine hohe Leistungsbereitschaft,
  • eine hohe Arbeitsmotivation,
  • die stetige Erbringung beeindruckender Leistungen (Strebersyndrom) und
  • der Hang zum Helfersyndrom.

Diese 4 Attribute machen jedoch nicht nur Narzissten erfolgreich und lassen sie charmant erscheinen, sondern auch gesunde Menschen, die ihre Mitte gefunden haben.

JEDER kann zum Opfer werden. Und unter gewissen Umständen auch zum Täter.

(Mitläufer zähle ich auch zu den Tätern.)

Man könnte tatsächlich meinen, wir leben in einer angstgesteuerten Gesellschaft, beherrscht von der dunklen Triade, den Narzissten, Sadisten, Antisozialen und Marchivalisten.

Die Medien reden trotzdem lieber von dem „Narzissten“. Damit meinen sie pauschal jeden, der eine hohe Leistungsbereitschaft hat und ein wenig selbstbewusster in Erscheinung tritt. Früher nannte man übrigens auch extrem selbstverliebte Menschen nur eitel.

Das lag wohl am Pony oder Mittel- und Seitenscheitel. Der musste früher besonders gut in Schuss sein, um gut anzukommen und nicht einen Spruch zu kassieren wie: „Deinen Friseur würde ich verklagen“, oder „Gibt`s dich auch in schön?“

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Eine Antwort

  1. Ich habe mich gestern mit diesen harmlos erscheinenden 2% näher befasst (was ich gelesen habe, ist sogar noch weniger aber offensichtlich dem Umstand geschuldet, dass sich so wenig Narzissten in Therapie begeben)und bin mir sicher, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist.

    Das entnehme ich allein der Tatsache, dass Narzissmus bereits im Altertum ein Thema war (die Geschichte von Narcissus) und Joseph Campbell die Auffassung vertrat, dass alle mythologischen Geschichten einen gesellschaftsrelevanten Kern hatten und ein Ausdruck unseres kollektiven Unbewußtseins (Carl Jung) waren.

    In unserer Einbildung heute weiter zu sein als die Menschen vor 2000 Jahren (wie war das mit dem III. Reich?) – „Brot und Spiele“ sind heute Fußball & Co. und Gladiatorenkämpfe sind zum Glück aufs Kino (Marvel & Co.) beschränkt – ist es unserer postmodernen Überheblichkeit geschuldet, dass wir Erkenntnisse der Vergangenheit (wo es weit weniger Ablenkungen als heute gab) sträflich vernachlässigen und übersehen.

    Angeblich soll der Psychologe Scott Peck („Der Wunderbare Weg“) das „Böse“ als „militante Rücksichtslosigkeit“ definiert haben.

    Unabhängig von der Definition und Kategorisierung erlebe ich die asozialen Anfeindungen, Drohungen und Erniedrigungen meines (höchstwahrscheinlich narzisstischen) Lebenspartners als bösartig oder schlicht böse und frage mich – angesichts der nahezu aussichtslosen Therapieerfolge – was ein Verständnisversuch welcher Art auch immer mir als Opfer bringen soll.

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